Geschichte




Die Frankfurter Künstlergesellschaft
´´

Die 1857 gegründete Frankfurter Künstlergesellschaft (FKG) ist eine der ältesten noch aktiven Künstlervereinigungen der Welt. Sie kann auf eine über 150-jährige, von sozial-historischen Umwälzungen der Zeit geprägte Vereinsgeschichte und bis heute auf insgesamt über 700 ordentliche und außerordentliche (fördernde) Mitglieder zurückblicken.

Die Gründung von Künstlergesellschaften im 19. Jahrhundert war von beruflichen Interessen bestimmt. Dringliche Fragen wie Wahrung der Urheberrechte, die soziale Absicherung der Künstler oder die Organisation von selbstverwalteten, regelmäßig durchgeführten Ausstellungen führten 1856 in Bingen zur Gründung der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft. Einer der tonangebenden Künstler war hier der in Frankfurt tätige Maler Philipp Veith. Als Ableger konstituierte sich ein Jahr später die FKG. Erster Vorsitzender wurde Edward Jakob von Steinle. Da nicht Schulen oder Richtungen die Mitgliedschaft in der FKG bestimmten, traten ihr so unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten bei, wie der an der Städelschule wirkende Maler Jakob Becker, der Städeldirektor Johann David Passavant, die Kronberger Maler Anton Burger, Jakob Fürchtegott Dielmann, Philipp Rumpf, Peter Burnitz, der bedeutende jüdische Maler Moritz Daniel Oppenheim oder Hans Thoma, Wilhelm Trübner, Otto Scholderer, der Bildhauer Eduard Schmidt von der Launitz, schließlich bekannte Architekten wie Friedrich von Thiersch und Paul Wallot (Baumeister des Berliner Reichstages). In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die FKG rasch zur einflussreichsten Künstlervereinigung der Region. Große Popularität errang sie in dieser Zeit auch durch ihre Teilnahme an den wichtigen städtischen Festen, etwa an den Schiller- und Gutenbergfeiern oder den Turn- und Schützenfesten. Darüber hinaus haben architektonische und plastische Werke der Vereinsmitglieder schon seit ihren Anfängen das Frankfurter Stadtbild entscheidend geprägt, sei es der Frankfurter Hauptbahnhof, die Börse, der Römer, die Alte Oper oder das Städel sowie zahlreiche Denkmäler. Der seit 1899 ausgerichtete „Frankfurter Salon“ im Frankfurter Kunstverein wurde durch die FKG maßgeblich bestimmt. 1906 wurde der FKG aufgrund ihrer herausragenden Bedeutung am kulturellen und gesellschaftlichen Leben Frankfurts das im städtischen Besitz befindliche „Steinerne Haus“ als Vereinshaus überlassen. Eine bedeutende Sammlung an Kunstwerken, Büchern, Kostümen und anderen Gegenständen konnte hier zusammengetragen werden.

Schwere Zeiten und Not brachten der Erste Weltkrieg, dann Inflation und Weltwirtschaftskrise. In dieser Zeit tat sich die FKG besonders durch Gründungen verschiedener „Hilfskomitees“ und Beschaffung von Geldern und öffentlichen Auf- trägen für ihre Mitglieder hervor. Ab spätestens Mitte der 1920er Jahre entwickelte sich die FKG zeitgemäß zu einer Vereinigung von sowohl traditionell wie progressiv arbeitenden Künstlern.

Die nationalsozialistische Diktatur bereitete dieser von Vielfalt und Gegensätzlichkeit geprägten Künstlerszene ein radikales Ende - die „Gleichschaltung“ der FKG erfolgte. Zugleich wurde ihr weitgehend das Recht zur Eigenverwaltung und -führung genommen, der Druck der staatlichen Bevormundung und Kontrolle stieg. Es kam zu „Zwangsaustritten“ „nicht-arischer“ bzw. den politisch-ästhetischen Vorstellungen der Nationalsozialisten nicht konformer Künstler, zu Berufs- und Ausstellungsverbot. Einige Künstler begaben sich in die „Innere Emigration“, andere wiederum versuchten nicht selten mit unverfänglichen Bildthemen wie der Landschafts- und Genremalerei die Anpassung. Natürlich gab es aber auch solche Künstler, die sich aus reinem Opportunismus oder echter Überzeugung ganz dem gewünschten „Bildprogramm“ der Nationalsozialisten anschlossen.

Der Zweite Weltkrieg hatte katastrophale Folgen auch für das künstlerische Schaffen in Frankfurt. Zahlreiche Künstler wurden eingezogen, schwer verletzt, fielen oder kamen in Kriegsgefangenschaft. Während der Bombardierungen Frankfurts wurden viele Ateliers gänzlich zerstört. Unwiderruflich gingen ganze Œuvres verloren. Auch das repräsentative Domizil der FKG wurde im März 1944 mit seinem Inventar und einem Teil der Kunstsammlung vernichtet.

In der Nachkriegszeit standen existentielle Probleme wie die Beschaffung von Nahrung und Unterkünften im Vordergrund. Ein funktionierendes Ausstellungs- und Galeriewesen existierte in den ersten Jahren nach dem Krieg ohnehin nicht. Auch ging es um den eigenen künstlerischen Neuanfang, die Frage nach der künstlerischen Positionierung. Wie in der Weimarer Republik kam es erneut zur „Fronten-Bildung“: Die figürlich-gegenständliche Kunst stand der abstrakt-ungegenständlichen gegenüber; letztere wurde jetzt geradezu als Synonym für den Widerstand gegen die nationalsozialistische Kunst und Ideologie angesehen und war damit in den Augen auch der internationalen Öffentlichkeit die „zeitgemäße“. Dennoch suchten die Mitglieder der FKG, die zumeist um 1900 geboren worden waren und vorwiegend gegenständlich arbeiteten, sich ab 1950 neu zu konsolidieren. Die ersten Ausstellungen wurden ausgerichtet. Der Erfolg stellte sich nur langsam ein und nicht zuletzt verhalf ihnen dazu ein treues traditionsbezogenes Sammlerpublikum.

Die Jubiläumsausstellung zu ihrem 100-jährigen Bestehen im Städelschen Kunstinstitut brachte die FKG erneut in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit.
Im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts erweiterte sich der Kreis um einige Vertreter der abstrakten Kunst, darunter Gerhard Hintschich, Borris Goetz, Georg Dickenberger und Robert Freund. Dass sie mit den Verfechtern der Gegenständlichkeit, wie Heinrich Steiner, Willi Schmidt, Klaus Kappel und Siegbert Jatzko z.B. eine sich gegenseitig befruchtende Gemeinschaft bilden konnten, gehört zu den Charakteristiken der FKG und bereicherte das Spannungsfeld der großen Ausstellungen im Karmeliterkloster (1982 und 1987), im MUSEUM GIERSCH (2004 und 2006) und in der Frankfurter Sparkasse (2007).

Die Frankfurter Künstlergesellschaft ist heute wieder fester Bestandteil im Frankfurter Kunst- und Kulturgeschehen. Wirtschaftliche, soziale und rechtliche Fragen stehen weniger im Fokus des Interesses, dafür wurde 1946 - auch von Mitgliedern der FKG - der BBK gegründet. Schwerpunkte sind heute die Auseinandersetzung mit den Arbeiten der Mitglieder und die beständige Organisation von Gemeinschafts- und Gruppenausstellungen sowie die Pflege des Archivs und der Kunstsammlung. Das traditionelle, monatliche Treffen (jour fixe) gehört ebenso zu den kontinuierlichen Veranstaltungen der FKG. Hier werden aktuelle Pläne besprochen, über kulturelle Themen diskutiert, neue Freundschaften geschlossen oder alte vertieft. Die Aufnahme neuer Künstler/-innen ist nach der Satzung des Vereins geregelt. Eine Aufnahmeempfehlung von mindestens drei ordentlichen Mitgliedern muss vorliegen.
Außerordentliches Mitglied (förderndes Mitglied) kann jeder Interessent werden.

Die künstlerische Ausrichtung der FKG kennt auch heute keine stilistischen Einschränkungen. Neben unterschiedlichsten Positionen der gegenständlichen wie der abstrakten Kunst, schlossen sich in letzter Zeit auch Vertreter jüngerer Techniken an. Architektur, Bildhauerei, Malerei und Zeichnung werden ergänzt durch Digitale Kunst, Filme, Fotoarbeiten und Installationen.

Die Vielfalt der künstlerischen Gegensätze, die Individualität der einzelnen Mitglieder und auch die gegenseitige befruchtende Anregung und Anerkennung bilden heute das Fundament der FKG. Und ihr Ziel ist: Weiterführung und Ausbau dieses Fundaments.

Edith Valdivieso-Schröpfer